Forscher lassen Farbe fließen

Folgender Artikel erschien in der Südwest-Presse am 22.3.2012:

Forscher lassen Farbe fließen

Blaubeuren. Sollte das Wasser des Blautopfs demnächst grün schimmern, ist das kein Grund zur Besorgnis: Wissenschaftler und Höhlenforscher wollen mit Markierungsversuchen die Wege des Wassers durch die Alb verfolgen.

 

Von Joachim Striebel

Spreu und Sägemehl wurden bei Laichingen in einen Erdschlund geworfen. Wenige Tage später kam etwas davon im Blautopf zum Vorschein. Diesen ersten Markierungsversuch hat der Laichinger Pfarrrer Johann Mayer dokumentiert. Das war im Jahr 1681. In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts lieferten zufällige Ereignisse Fakten zur Größe des Blautopf-Einzugsgebiets: 1924 ließ ein Wolkenbruch im 17 Kilometer entfernten Hohenstadt das Wasser der Blaubeurer Karstquelle trüb werden, ebenso das bei einem Großbrand am 25. Oktober 1927 in Treffensbuch verspritzte Löschwasser.

"Inzwischen haben wir durch 65 systematisch angelegte Markierungsversuche einen guten Überblick zur unterirdischen Entwässerung", sagt Prof. Wolfgang Ufrecht. Dennoch startet der in Tübingen lehrende Geologe gemeinsam mit seinem auf Färbversuche spezialisierten Kollegen Nico Goldscheider von der Universität Karlsruhe, einigen Studentinnen und den Höhlenforschern der "Arge Blaukarst" und der "Arge Blautopf" neue Untersuchungen. Anlass dafür ist, das Geheimnis der "Nordblau" zu lüften. Dieser Fluss durchzieht Teile der Hessenhauhöhle bei Berghülen, fließt Richtung Blaubeuren und verschwindet in einem noch nicht erforschten Syphonsystem. Wo trifft die "Nordblau" auf die unterirdischen Flüsse des großen Blauhöhlensystems? Findet das Wasser gar einen direkten Weg in den Blautopf und durchströmt noch unbekannte Gänge und Hallen?

Am 21. April schütten Mitglieder der "Arge Blaukarst" 100 Gramm des giftgrünen, fluoreszierenden Pulvers Uranin in den Hessenhau-Fluss. Gleichzeitig geben die Kollegen der "Arge Blautopf" am oberen Ende der benachbarten Blautopfhöhle 200 Gramm des ebenfalls fluoreszierenden, dunkelgrünen Stoffes Amidorhodamin G ins Wasser. Denn auch die Abflüsse der so genannten "Urblau" sollen dokumentiert werden. An drei Punkten der Blautopfhöhle werden Messeinrichtungen installiert: Jeweils ein elektronisches Messgerät, das den Fluoreszensgehalt des Wasser misst, und je ein Aktivkohlesäckchen, das den im Wasser treibenden Farbstoff anreichert. Die Auswertung erfolgt im Labor, wo Uranin und Amidorhodamin unterschieden werden können. Die vierte Messstelle befindet sich am Blautopf: Dort entnehmen in den ersten Stunden und Tagen nach dem Versuch Studenten alle zwei, drei Stunden Wasserproben.

Eine Woche nach dem lokalen Experiment folgt ein regionaler Markierungsversuch: In eine Versickerungsstelle bei Zainingen werden zwei Kilogramm Amidorhodamin geschüttet, in eine Karstspalte bei Laichingen 1500 Gramm Uranin. Wieder wird das Wasser am Blautopf und in der Blauhöhle untersucht, zusätzlich gibt es eine Messstelle in der Hessenhauhöhle. Wolfgang Ufrecht erhofft sich neue Erkenntnisse über die verborgenen Wege des Wasser unter der Alb.

Dass der Blautopf während des Versuchs grün schillern wird, erwartet der Geologe übrigens nicht. Denn pro Liter Wasser werden nur wenige Mikrogramm Uranin und Amidorhodamin enthalten sein. Und die höchste Farbkonzentration wird in der Nacht erwartet.

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